Wolf von Fabeck, aktualisiert am 04.08.2022

Verwirrung um Balkon-Solaranlagen

Sind Schukostecker an Stecker-Solarmodulen zulässig?



Ich beginne mit einem empörten Zitat aus jüngster Zeit :
"Es erschließt sich überhaupt nicht, weshalb ein Stromeinspeisegerät im Haushalt anders behandelt wird als ein Stromentnahmegerät. Dafür fehlt jede sachlogische stromwirtschaftliche Begründung"

Der Schreiber empört sich gegen die Bestimmung, dass kleine Einspeisegeräte beim zuständigen Netzbetreiber angemeldet werden müssen - und das ist in der Tat nicht einzusehen.

Andererseits ist es jedoch richtig, dass Einspeisegeräte aus Sicherheitsgründen nicht mit (männlichen) Schukosteckern in den Handel gebracht werden dürfen. Und nur um diese Frage dreht sich der jetzt folgende Diskussionsbeitrag:

Warum gibt es Stecker-Solarmodule?

Solarmodule liefern Gleichstrom. Man kann sie deshalb nicht direkt an das europaweite Wechselstromnetz anschließen.
Um dennoch einen einfachen Anschluss zu ermöglichen, sind Stecker-Solarmodule bereits mit Wechselrichtern ausgestattet, die den Gleichstrom des Solarmoduls in netzkonformen Wechselstrom umwandeln. Eine geniale Erfindung!

Sicherheitsbedenken

Vom häuslichen Stromnetz gehen zwei Gefahren aus:
  1. Elektrische Schläge, die tödlich sein können
  2. Lokale Überlastung der Stromleitung, die zu lokaler Überhitzung und damit zu Bränden führen können

Zu 1)   Entwarnung!
An den metallischen Kontakten des Steckers von Stecker-Solarmodulen kann man keinen elektrischen Schlag bekommen, weil der Wechselrichter nur dann Spannung und Strom liefert, wenn sein Stecker mit dem Stromnetz verbunden ist. Dann aber kann man die metallenen Kontakte nicht mehr berühren. Diese Gefahr ist deshalb ausgeschlossen, unabhängig davon, was für ein Stecker verwendet wird.

Zu 2)   Für die weitere Überlegung muss man wissen, dass in Haushalten mit Solarstromanlage(n) zwei verschiedene Sorten von Stromleitungen verlegt sind. Nennen wir sie Verbrauchsleitungen und Einspeiseleitungen. Verbrauchsleitungen sind mit Schukosteckern versehen. Einspeiseleitungen haben dagegen keine Schukosteckdosen, damit keine Verwechslungen vorkommen.
Schukosteckdosen sind nur für Stromentnahme, nicht aber für Stromeinspeisung vorgesehen. Wer dennoch einen (männlichen) Schukostecker an ein Stecker-Modul montiert, nimmt in Kauf, dass dieses Steckermodul irgendwann einmal an eine Verbrauchsleitung angeschlossen wird und ist deshalb für sämtliche Folgen, z.B. auch für einen Brand strafrechtlich und zivilrechtlich verantwortlich.

Was kann bei der Verwendung von Stecker-Modulen mit Schukosteckern denn schon passieren?

Stecker-Module eignen sich wegen ihres geringen Preises als geeignete Geschenke für Solarfreunde mit einem langen oder mehreren Balkongeländern. So könnte es (nicht sehr wahrscheinlich, aber dennoch nicht ausgeschlossen) dazu kommen, dass ein Solarfreund plötzlich stolzer Eigentümer von 13 Steckermodulen ist. Die will er natürlich anschließen.
Wenn diese Steckermodule bereits männliche Schukostecker haben, könnte er auf die Idee kommen, sie selbst anzuschließen, z.B. unter Verwendung von käuflich erhältlichen Schuko-Mehrfachsteckdosen, wie die folgende Skizze zeigt:
Das Bild zeigt den (unzulässigen) Anschluss von 13 Stecker-Modulen an eine Verbrauchsleitung. Die abgebildete 16 Ampere-Sicherung links oben im Bild soll eigentlich verhindern, dass in dem abgesicherten Leitungsstrang mehr als 16 Ampere fließen.
Man könnte jedoch am rechten Ende des Leitungsstranges ein oder mehrere Verbrauchsgeräte anschließen, die zufällig gerade so viel elektrische Leistung entnehmen, dass die links abgebildete 16 Ampere-Sicherung nicht anspricht.
Der überlastete Leitungsabschnitt wird sich dann unzulässig erwärmen und kann Ausgangspunkt eines Brandes werden.

So viel zu der bildlichen Darstellung oben.

Dem elektrotechnischen Laien ist das alles nicht bekannt. Er verlässt sich darauf, dass die "Sicherung rausfliegt", bevor es gefährlich wird.
Aber das tut sie nicht immer, wie das oben skizzierte Beispiel zeigt.


Der durchschnittliche Stromverbraucher geht auch davon aus, dass ein Gerät mit "männlichem" Schukostecker in jede "weibliche" Schukosteckdose eingestöpselt werden darf.
Deshalb dürfen Steckermodule mit Schukosteckern gar nicht erst in den Handel kommen.

Stecker-Module mit Schukosteckern zu versehen, ist unverantwortlich!

Alternativen:
Es gibt mannigfache Vorschläge, was für Stecker für Einspeiseleitungen verwendet werden können. Wichtig ist, dass diese Stecker nicht in weibliche Schukosteckdosen passen.

Zuständig dafür sind Normungskommissionen. Z.B. DKE.
Ob es dafür bereits eine verbindliche Norm gibt, ist mir nicht bekannt.