Schöpfung bewahren?

Klima-Neutralität der Kirche genügt keineswegs

Die Kirche sollte besser im Notwehrmodus gegen die Klimakatastrophe antreten


Die aktuelle Klimaschutzrichtlinie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vom 16.09.2022 verlangt in §1:
"Netto-Treibhausgas-Neutralität in der EKD bis spätestens 2045, um dem weiteren Fortschreiten des Klimawandels entgegenzutreten".

o.a. Klimaschutzrichtlinie der EKD - klick hier!
Mein Kommentar (W.v.F.):
Verharmlosende Wortwahl ("Klimawandel" statt "Klimakatastrophe"), wenig engagierte Terminsetzung ("spätestens 2045") und insbesondere die völlig ungenügende Zielsetzung der Klimaschutzrichtlinie deuten darauf hin, dass die Leitung der EKD das Entstehen der Klimakatastrophe naturwissenschaftlich noch nicht verstanden hat.
Die Klimagas-Konzentration in der Atmosphäre nimmt nicht nur deshalb zu, weil wir und die gesamte Weltwirtschaft zu viel Klimagase ausstoßen, sondern ganz erheblich auch deshalb, weil ZUSÄTZLICH durch die steigenden Globaltemperaturen noch weitere Klimagase erzeugt und freigesetzt werden.

Ein Beispiel für viele: Schon seit Jahren blubbert wegen der ansteigenden globalen Erwärmung aus den auftauenden Permafrostregionen in Alaska, Kanada, Skandinavien, Russland und Sibirien das Klimagas CO2 in die Atmosphäre - zusätzlich(!)

Es handelt sich hier um eine sogenannte "positive Rückkopplung" (Je heißer es wird, desto mehr zusätzlich erhitzende Effekte kommen hinzu).

Beispiel für "positive Rückkopplung" - klick hier!

Man spricht auch vom "Kippen des Klimas".
Von folgenden Kippelementen ist die Rede:
  1. Abschmelzen des arktischen Meereises
  2. Abschmelzen des Grönländischen Eisschilds
  3. Abschmelzen des Westantarktischen Eisschilds
  4. Erlahmen der atlantischen thermohalinen Zirkulation
  5. Störung der Südpazifischen Klima-Oszillation und Verstärkung des El Niño-Phänomens
  6. Methan- und Kohlendioxidemissionen aus tauenden Permafrostböden (bereits oben erwähnt)
  7. Rückgang der Netto-Produktivität der Biosphäre
Ausführliche Wikipedia-Erläuterungen zum "Kippen" - klick hier!


Das Kippen des Klimas kann nicht durch Klima-Neutralität aller Wirtschaftszweige aufgehalten werden.
Notwendig ist Rückholen der Klimagase aus der Atmosphäre!



Einen anschaulichen Beweis für den hemmungslosen Anstieg der CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre erbringt die weltbekannte Keeling-Kurve.

Keeling-Kurve - klick hier!

Der verharmlosende Begriff "Klimawandel" ist längst nicht mehr treffend. Wir rasen in eine finale Klimakatastrophe.
Die zunehmende Klima-Erhitzung, die ursprünglich einmal durch jahrhundertlange wirtschaftsbedingte Klimagasemissionen in Gang gesetzt worden war (z.B. durch Energiegewinnung aus Kohle oder Holzkohle oder Erdöl), hört leider nicht auf, selbst dann nicht, wenn die damaligen Klimagasemissionen jetzt sofort vollständig eingestellt würden. Klimaneutralität genügt also nicht!

Wir müssen Klimagase aus der Atmosphäre RÜCKHOLEN und dazu brauchen wir sehr viel erneuerbare Energie und Stromspeicher! Und wir brauchen sie sehr schnell!

Beitrag zum "Rückholen der Klimagase" von W.v.Fabeck - klick hier

Klima-Neutralität der kirchlichen Bauwerke - wie sie die EKD vorschlägt - genügt deshalb nicht.
Im Kampf ums Überleben gibt es keine Neutralität!

Wenn es nicht gelingt, den Anstieg der Klimagaskonzentration in der Atmosphäre sehr schnell zu stoppen, bedeutet das absehbar das Ende der Menschheit.


Wir alle (auch die Kirchen als Vorbild!) müssen zusätzlich JEDE Möglichkeit zur Gewinnung klimafreundlicher Energie nutzen.


Kirchen können sich bauart-bedingt besonders an der Gewinnung von Solarstrom beteiligen

Um Solarstrom zu gewinnen, braucht man (möglichst in der Nähe von Stromverbrauchern, also z.B. in den Innenstädten) hoch gelegene große Flächen.

Der Bau von Solarstromanlagen auf den Dächern der Gotteshäuser bietet die Möglichkeit, praktischen Klima-Nutzen mit erheblicher Vorbild- und Werbewirkung (auch für die Kirchen selbst) zu verbinden. Werbefachleute können sich keinen besseren Standort für ihre Außenwerbung vorstellen!

Wie enttäuscht die Teilnehmer der EKD-Synode 2022 von ihren eigenen begrenzten Möglichkeiten waren, mag folgende Episode zeigen: Als eine Angehörige der "letzten Generation", Aimée van Baalen, die sich in ihrer großen Sorge wegen des Klimakollapses sogar auf der Autobahn festklebt und dafür ins Gefängnis geht, in einer Ansprache vor der Synode um Verständnis für ihre Aktionen bat, erntete sie Standing Ovations.

Manche Kirchen-Obere, die sich traditionsgemäß der Bewahrung der Schöpfung verpflichtet fühlen, sind offenbar dermaßen an Wunder gewöhnt, dass sie nicht ernsthaft mit einem Ende der Menschheit rechnen.
Doch es gibt glücklicher Weise auch realitätsnähere Seelsorger, die aktiv werden.



Schon Ende der 1980-er Jahre hat Pfarrer Hermann Wennman auf das Dach seiner Kirche in Duisburg-Essenberg eine Solarstromanlage montieren lassen.
Pfingstkirche WvF

Foto 13.10.2021: Wolf von Fabeck
Erste PV-Anlage auf einer deutschen Kirche, Duisburg-Essenb. Kaiserstraße 8. Ende der 1980er Jahre initiiert durch Pfr. Hermann Wennmann. Heute Trägerschaft "Pfingstkirche"

Damals waren die Solarmodule erheblich teurer als heute. Man hat deshalb nur den Teil des Daches genutzt, der am Nachmittag nicht durch den Turm beschattet wurde. Heutzutage sind die Solarmodule preisgünstiger und leistungsfähiger, so dass man auch das ganze Dach nutzen könnte. Entscheidend war jedoch, dass man damals überhaupt angefangen hat.




Doch seither sind nur wenige weitere Kirchen mit Solarstromanlagen ausgestattet worden. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (größte private Initiative für Denkmalpflege in Deutschland) veranlasste, dass fortan in den meisten Bundesländern durch Landesgesetze die nachträgliche Anbringung von Photovoltaik auf denkmalgeschützten Gebäuden untersagt wurde.
Anmerkung: Besonders die großen repräsentativen Dome stehen unter Denkmalschutz!
Doch gerade dort würde die Montage einer großzügigen Solarstromanlage besondere Aufmerksamkeit erregen!
Einige Kirchensolaranlagen, die trotz denkmalschutzrechtlicher Ablehnung errichtet wurden, und deren nachträglicher Abbau der Denkmalschutz dann gerichtlich verlangt hatte, blieben trotz Gerichtsverfahrens erhalten.

Beispiel: Kirchendach in Nordheim - Juni 2005 - klick hier


Eine denkmalgeschützte Kirche mit großzügigem Solardach zu versehen, kann man moralisch als einen Akt der Notwehr ansehen, der auch die Übertretung von Gesetzen und Verordnungen erlaubt, zumal er keinen Schaden anrichtet.
Denkmalschutz-Gesetze sind Landesgesetze.
Aber Klimaschutz ist Bundes-Aufgabe.
Hier lauern erhebliche Rechtsstreitigkeiten!
Unsere Chancen für eine befriedigende Lösung stehen allerdings nicht schlecht! Klimaschutz ist Bundessache. Bundesrecht bricht Landesrecht (Artikel 31, Grundgesetz).




Welchen Sinn hat eigentlich der Denkmalschutz?

Antwort: Denkmalschutz soll historische Fortschritte aufzeigen und dokumentieren.
Falls eine denkmalgeschützte Kirche nachträglich mit einer Solarstrom-Anlagen versehen wird, so ist das ein historischer Fortschritt und verdient deshalb eine zusätzliche Denkmalschutz-Auszeichnung!


Sonne über die Bösen und Guten
Die Kirchenleitungen dürfen sich nicht länger von der Stiftung Denkmalschutz das Heft aus der Hand nehmen lassen.


Von einer anonym bleiben wollenden "Clara" stammt folgender treffender Kommentar: "Man stelle sich vor, den Denkmalschutz hätte es schon ein paar hundert Jahre früher gegeben. Wir würden immer noch in Lehmhütten hinter Pallisadenwällen wohnen."


Das ermutigende Ergebnis einer Befragung der Bevölkerung durch die Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH - klick hier

Kirchen als Vorbilder im Klimaschutz



Solarkirche Pannesheide von Ebi
St.Barbara in Pannesheide, Herzogenrath  Foto: Eberhard Waffenschmidt
Man sieht auf dem Kirchendach den Schatten, den der Turm am Nachmittag wirft.

ev. Kirche Lauterbach

Rauenstein, Lauterbach, evangelische Kirche, CC BY-SA 3.0



Johanniterkirche Mirow
Johanniterkirche in Mirow Niteshift, Mirow Kirche 2010-04-07 048, CC BY-SA 3.0

Bugenhagenkirche Greifswald Wieck von Asa Helander
Bugenhagen-Kirche Greifswald-Wieck    Foto: Åsa Helander Die gesamte Dachfläche wird genutzt - Moderne PV-Anlagen können auch beschattete Flächen nutzen.





Nur langsam setzen sich neue Ideen zum Denkmalschutz durch, z.B. bei der Tagung der Bauamtsleitenden der EKD-Gliedkirchen vom 20.- 22.04.2022 in Rastede
Protokoll klick hier


Verfasser dieses Beitrags:
Dipl.-Ing. Wolf von Fabeck
Ehrenvorsitzender
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV)
fabeck@klima-for-future.de



























































































































































































































































Beispiel für positive Rückkopplung

Wenn ein loser Haufen Stroh mit einem Streicholz an einem Ende angezündet wird, so erzeugt das anfangs brennende Stroh sogleich eine höhere Temperatur als das Streichholz. Die Flamme breitet sich aus, die Temperatur steigt weiter und je heißer es wird, desto schneller breitet sich der Brand aus.
Nur eine äußerst schnelle Reaktion kann den Vorgang noch beenden!

























































































































































































































































- Protokoll zur Tagung -
PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden und Kirchendächern -
Position der Bauamtsleitenden der EKD- Gliedkirchen

Präambel:
Die Konferenz der Bauamtsleitenden der EKD bekennt sich klar zu Photovoltaik (PV) auf kirchlichen Gebäuden:
PV-Anlagen sind ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität der Evangelischen Kirche und somit zur Erreichung der kirchlichen Klimaziele. Auch Kirchendächer und Dächer anderer denkmalgeschützten Gebäude müssen dafür betrachtet werden. Wir als Kirche sehen uns in einer besonderen Verantwortung und Vorbildfunktion zur Bewahrung der Schöpfung.
Grundsätze:
Alle Gebäude, auch die Mehrzahl an denkmalgeschützten Gebäuden der Evangelischen Kirchen, bieten große Potentiale zur Errichtung von PV-Anlagen. Somit sind alle für die Installation einer PV-Anlage geeigneten Dachflächen zu betrachten und die Planung und Realisierung ist konsequent voranzutreiben.
Bei Instandsetzungen und Modernisierungen sollen Dächer so hergerichtet werden, dass PV-Anlagen montiert oder später unkompliziert nachgerüstet werden können. Die PV-Anlagen sollen reversibel sein.

Heutige PV-Anlagen sind eine zu akzeptierende Zeitschicht. Sie sind darum wie andere notwendige Bauteile zu betrachten.
PV-Anlagen auf Sakralgebäuden müssen dem besonderen Anspruch dieser Gebäude gerecht werden. Sie müssen deshalb auf die Gestaltung des Gebäudes Rücksicht nehmen und sind als ruhige und gleichmäßige Flächen zu konzipieren.

Generell müssen PV-Anlagen auf Denkmalen denkmalrechtlich abgestimmt werden. Sie sind hinsichtlich Farbigkeit, Mattigkeit, Kleinteiligkeit und Geometrie gestalterisch überzeugend in das Gebäude einzufügen. Wenn das gegeben ist, ist z.B. Einsehbarkeit aus Sicht der Kirchen kein Ausschlusskriterium.
(W.v.F.: PV-Anlagen dürfen sich also von der ursprünglichen Dacheindeckung durchaus unterscheiden.)

Beim Einbau von PV-Anlagen darf die erhaltenswerte denkmalgeschützte Bausubstanz allerdings nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Die technischen, baukonstruktiven Voraussetzungen (Statik, Elektrik, Brandschutz) sowie auch die wirtschaftlichen und finanziellen Voraussetzungen müssen gegeben sein.

Innovation und besondere Unterstützung für denkmalgerechte Lösungen, die in der Regel die teuersten und weniger effektiven sind, sind vom Bund und den Ländern einzufordern.


Die Konferenz der Bauamtsleitenden der EKD  
 Rastede, 21. April 2022


- Ende des Protokolls -